Industriezölle sind ein Anachronismus. Die Wertschöpfungsketten in der Industrie sind heute international organisiert. Teile und Komponenten von industriellen Endprodukten überqueren oft mehrmals die Schweizer Grenze. Zölle und Zolladministration erhöhen dabei die Kosten und verursachen administrativen Aufwand. Industriezölle sind somit ein unnötiges und kostentreibendes Hindernis für die Industrie.
Die Aufhebung der Industriezölle wäre eine echte Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie). Sie würde die Wettbewerbsfähigkeit der MEM-Branche mit ihren rund 325'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stützen. Allein für die MEM-Industrie brächte die Aufhebung der Industriezölle eine Kostensenkung von jährlich rund 125 Millionen Franken. Ebenfalls ins Gewicht fielen die administrativen Entlastungen für die Unternehmen.
Die im Nationalrat geäusserten "Sorgen" um den Bundeshaushalt sind angesichts der parlamentarischen Grosszügigkeit, die über die vom Bundesrat beschlossenen, corona-bedingten Ausgaben sogar hinausgehen, unglaubwürdig. Viel mehr brächten die positiven Effekte, welche dank der gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit ausgelöst würden, dem Bund mittelfristig höhere Einnahmen als die heutigen Industriezölle. Gemäss einer Schätzung im Auftrag des Bundes wäre gesamtwirtschaftlich ein Wohlfahrtsgewinn von jährlich 860 Millionen zu erwarten. Vergessen gingen schliesslich auch die Konsumenten. Sie haben bisher und würden weiterhin dank immer günstigeren Produkten profitieren.
Die im Nationalrat vorab aus Landwirtschaftskreisen genannte Sorge um die vermeintlich geschwächte Position der Schweiz bei künftigen Freihandelsverhandlungen ist völlig unbegründet. Zölle haben immer einen Schutzcharakter. Die Industrie braucht aber keinen Schutz, da die eingeführten Industrieprodukte in der Schweiz grösstenteils gar nicht hergestellt werden. Bei der Landwirtschaft sieht dies anders aus, da ein Schutzbedürfnis ausgewiesen ist. Besonders stossend ist, dass der Import von Landwirtschaftsmaschinen und -geräten, namentlich Pflüge, Sä-, Ernte-, Dresch-, und Melkmaschinen sowie Traktoren bereits zollbefreit ist. Für die restlichen Industrieprodukte soll dies nicht gelten. Das ist inkonsequent.
"Ich bin sehr enttäuscht", sagt Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem. "Der Nationalrat verweigert damit der Industrie in der gegenwärtig schwierigen Lage die Unterstützung. Jetzt liegt es am Ständerat, diesen unverständlichen Vorentscheid zu korrigieren" Swissmem fordert daher den Ständerat auf, auf die Vorlage des Bundesrates einzutreten und sie gutzuheissen. Es wäre ein starkes Zeichen der Unterstützung angesichts der anhaltenden Frankenstärke, der krisenbedingten Nachfrageschwäche und des zunehmenden Ungeistes der Abschottung.
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