Weltwirtschaftliche Verschiebung beeinflusst die Exporte
Die Schweizer Wirtschaft behauptet sich in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld. Obwohl der Euro in den letzten zwölf Monaten um weitere 14 Prozent gefallen ist und sich auch die Dollarschwäche akzentuiert hat, stiegen die Warenexporte in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr nominell um 4,6 Prozent und real um 11,4 Prozent. Die grösste Exportbranche, die chemisch-pharmazeutische Industrie, musste im gleichen Zeitraum allerdings einen Rückschlag von 3,8 Prozent hinnehmen. Die Zahlen erstaunen und vermitteln den falschen Eindruck, dass die Frankenstärke kein ernsthaftes Problem für die Exportindustrie darstellen würde. Tatsächlich sind die exportierenden Unternehmen in höchstem Masse gefordert: Sie nehmen Margenkürzungen in Kauf, beziehen vermehrt Vorleistungen aus dem Ausland oder senken ihre Kosten durch Rationalisierungen.
Aufgrund der Spezialisierung der Industrie sind teilweise auch Preiserhöhungen durchsetzbar. Diese Strategie ist aber langfristig mit Risiken verbunden, da es bei höheren Preisen für Konkurrenten attraktiver wird, selbst Nischenmärkte anzugreifen. Die Exportzahlen sind darüber hinaus aber vor allem wegen der starken Nachfrage in den neuen Märkten und in den dynamischen Volkswirtschaften der Industrieländer – allen voran Deutschland – positiv. Während die Warenexporte in die Europäische Union in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um lediglich 1,5 Prozent gewachsen sind, haben sich die Exporte nach Asien – trotz des Einbruchs in Japan – insgesamt um 13,7 Prozent erhöht. Hier zeigt sich eine wesentliche Stärke der Schweizer Wirtschaft: Sie ist dank ihrer Globalisierungsstrategie in der Lage, das Wachstum dort mitzunehmen, wo es anfällt. Die weltwirtschaftliche Gewichtsverschiebung Richtung Asien beeinflusst dementsprechend die Struktur der Schweizer Exporte: Noch vor der Krise im Jahr 2008 betrug der Exportanteil in die EU (Januar bis April) 63,5 Prozent. Während dieser Anteil sich aktuell noch auf 58,3 Prozent beläuft, machen die Warenexporte der Schweizer Wirtschaft nach Asien bereits 21,1 Prozent aus.
Tiefe Inflationsrate trotz starker Binnenwirtschaft
Die Binnenkonjunktur wächst robust. Der private Konsum und der private Bau weiten sich kontinuierlich aus und profitieren von günstigen Zinsen, sinkenden Arbeitslosenzahlen und der Nettoimmigration in die Schweiz. In einigen Regionen der Schweiz besteht eine Überhitzungstendenz der Immobilienmärkte – ein klares Anzeichen dafür, dass das Angebot nicht mit der erhöhten Nachfrage Schritt halten kann. Trotz guter Binnenkonjunktur ist die Inflationsrate aber insgesamt nach wie vor tief.
Tiefere Importpreise dämpfen den Preisauftrieb merklich und erhöhen die Kaufkraft der Schweizer
Bevölkerung im internationalen Vergleich. Hingegen bekommen Export- und Tourismuswirtschaft die Kehrseite des harten Frankens zu spüren.
Moderateres Exportwachstum trotz starkem Franken
economiesuisse rechnet mit einem Ausklingen des Aufholprozesses nach der Krise. Nachdem das Jahr 2010 konjunkturell ausserordentlich positiv verlaufen ist, zeigen sich erste Bremswirkungen aufgrund des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds: Die Exportdynamik lässt im Laufe des Jahres spürbar nach. 2012 ist schliesslich mit einem moderaten realen Exportwachstum von insgesamt knapp drei Prozent zu rechnen. Immerhin: Zieht man die schwierige Finanzsituation der USA und verschiedener Staaten in Europa sowie den starken Schweizer Franken in Betracht, ist dies eine gute Nachricht. Die Nachfrage aus den neuen Wachstumsmärkten in Asien und Lateinamerika und aus den dynamischen Volkswirtschaften wie Deutschland hält an. Die Uhren-, die Maschinen-, die chemisch-pharmazeutische und die medizinal-technische Industrie profitieren von diesen Wachstumsmärkten und lassen die Währungssituation etwas in den Hintergrund treten. Deutlich schwieriger zeigt sich die Situation für Unternehmen, die nicht in Nischen mit hoher Spezialisierung und Wertschöpfung tätig sind. Für Unternehmen der Metall- oder der Papierindustrie spielt der Preis aufgrund des tieferen Differenzierungsgrads tendenziell eine dominantere Rolle, sodass sich der Wechselkurs schneller und heftiger auf das Geschäftsergebnis auswirkt. Besonders stark ist die Bremswirkung im Tourismus: Ein positives Wachstum ab 2012 ist nur mit einer deutlichen Wechselkurserholung möglich. Der starke Franken zwingt die Exportunternehmen zu Produktivitätssteigerungen und einer Reduktion der Vorleistungskosten. Beides wirkt dämpfend auf die Konjunktur in der Schweiz. Erstens steigt die Beschäftigung trotz gutem Auftragsbestand in den Exportindustrien weniger stark an und Ende Jahr werden die Lohnsteigerungen kleiner ausfallen. Auf Stufe Einzelunternehmen werden auch Stellen wegfallen. Zweitens überprüfen viele Unternehmen, ob Schweizer Zulieferer mit dem aktuellen Wechselkurs noch konkurrenzfähig sind. So werden entweder Preiskonzessionen eingefordert, oder es wird auf ausländische Zulieferer ausgewichen. Der starke Franken beeinflusst somit über die Vorleistungskanäle auch die Binnenwirtschaft.
Steigende Abgaben bremsen den Privatkonsum
Der Binnenmarkt entwickelt sich weiterhin stabil, wenn auch hier eine (leichte) Wachstumsverlangsamung zu erwarten ist. Bei mässigen Lohnerhöhungen reduzieren steigende Abgaben (Krankenkassenprämien, Erhöhung Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Mehrwertsteuererhöhung) das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, sodass diese ihren Konsum in diesem Jahr nur mässig erhöhen. Auch für 2012 wird das verfügbare Einkommen nicht stark ansteigen. economiesuisse schätzt daher, dass sich der Konsum im nächsten Jahr real um gut ein Prozent ausweitet. Die Bauwirtschaft profitiert weiterhin von der anhaltenden Immigration und den tiefen Zinsen.Die Binnenkonjunktur wird aber auch durch ein anhaltendes Wachstum des Gesundheitswesens unterstützt.
Stellenvermittler, Werbeunternehmen und der Handel wachsen überdurchschnittlich. Die Finanzindustrie wächst mehr oder weniger parallel zum realen BIP: Die Finanzdienstleister profitieren zwar vom anhaltenden Neugeldzufluss aus dem Ausland, der starke Franken und die tiefen Zinsen schlagen ertragsseitig aber negativ zu Buche. In der Hotellerie und für die Versicherungen ist mit einer stagnierenden Entwicklung zu rechnen.
Insgesamt erwartet die Wirtschaft für 2012 ein Wachstum des realen BIP von 1,7 Prozent. Damit verbunden ist eine nur noch leichte Senkung der Arbeitslosenquote auf rund 3,0 Prozent.
Inflation ist nach wie vor kein ernsthaftes Thema im Prognosehorizont. Hier wirkt sich der starke Franken positiv aus, indem er den Preisauftrieb in der Schweiz reduziert. economiesuisse geht davon aus, dass sich der Landesindex der Konsumentenpreise im Durchschnitt von 2012 um rund 1,2 Prozent erhöht.
Aufgrund der höheren Inflationsaussichten für 2013 wird sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) gezwungen sehen, das Zielband für den Libor nach oben anzupassen. Wegen der Dollar- und Euroschwäche wird die SNB aber die Zinsen nur langsam erhöhen können. Im Jahresdurchschnitt 2012 ist daher nach wie vor mit im langjährigen Vergleich tiefen kurzfristigen Zinsen von 1,1 Prozent zu rechnen.
Es versteht sich von selbst, dass die Konjunkturprognose der Wirtschaft aufgrund der ungewissen weltwirtschaftlichen Entwicklung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Die wichtigsten Abwärtsrisiken, die eine Verschlechterung der konjunkturellen Lage zur Folge hätten, sind: Wachstumseinbruch in den Schwellenländern, Akzentuierung der Euro- Krise, kurzfristige Versorgungsengpässe bei den Rohstoffen. Allerdings gibt es auch Aufwärtsrisiken: stärkeres Wachstum der USA, Überhitzung des Immobilienmarktes in der Schweiz und eine Abschwächung des Frankens.
Deindustrialisierung schreitet voran
Noch ein Wort zu den langfristigen Auswirkungen der Frankenstärke: Je stärker sich die Erkenntnis der Unternehmer durchsetzt, dass die Frankenstärke ein permanentes Phänomen ist, desto mehr wird der starke Franken künftige Investitionsentscheide beeinflussen. Der Standort Schweiz – obwohl mit zahlreichen positiven Attributen ausgestattet – verliert relativ an Attraktivität für Neuinvestitionen. Der Wechselkurs wird daher für etliche Investitionsentscheide das Zünglein an der Waage spielen – zugunsten einer Auslandinvestition. Der starke Franken hat daher langfristige Folgen. Die Tendenz der Deindustrialisierung der Schweiz, die durch den schwachen Franken in den Jahren 2005 bis 2008 nur kurzzeitig aufgehalten wurde, wird sich wieder verstärken.
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